Neulich nahm ich an einer Psychosomatik-Tagung teil. Viele interessante Themen wurden angeschnitten, Therapieansätze und Fälle vorgestellt, aktuelle Ergebnisse berichtet usw. Der Fall eines Jugendlichen mit einer speziellen, langwierigen Erkrankung hat mich besonders berührt. Nach mehreren Monaten der Behandlung hatte er schließlich eine deutliche Besserung seiner Symptome erfahren. Danach gefragt, was ihm besonders geholfen hätte, gab er zwei Antworten: dass die Therapeutin nicht schlecht über seine Familie geredet habe und dass sie ihm immer wieder Hoffnung gemacht habe.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt man. Und Hoffnung hält aufrecht.
Ich erlebe es oft in meiner Arbeit: Menschen, die sich Sorgen um die Gesundheit und die Zukunft machen. Manchmal Verzweiflung und Angst, manchmal Optimismus und Heiterkeit. Aber immer mit dem Blick, der mir signalisiert: Gib mir Hoffnung. Hoffnung, dass alles gut wird, dass es gut weitergeht, dass mein Optimismus berechtigt ist. Dass ich einen Grund habe weiter an etwas zu glauben, was sich zum Positiven wendet oder entwickelt.
Dabei ist es egal, wie andere Menschen den Anlass wirklich bewerten würden. Hoffnung brauchen Menschen in vielen Situationen: wenn beispielsweise ein Jugendlicher Probleme hat die aktuelle Klasse im Gymnasium zu schaffen oder wenn ein Mensch eine Krankheit hat, die mit deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität einhergeht oder eine ungünstige Prognose hat. Oder wenn einfach das Wetter am Wochenende freundlicher sein könnte...
Hoffnung kann eine wichtige und wertvolle Ressource im alltäglichen Leben sein.
Sie hilft Menschen mit Herausforderungen, Rückschlägen und schwierigen Umständen zurecht zu kommen. Hoffnung kann Sinn stiften und Motivation bieten. Und sie kann Menschen dabei helfen mehr Kontrolle über ihr Leben zu fühlen und ihre Ziele zu verfolgen.
Hoffnung zu haben kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken, da sie hilft Gefühle von Stress, Angst und Depression zu vermindern. Sie ist keine Garantie, dass sich alles so entwickelt,
wie wir uns das wünschen, sondern eher ein Glaube an die Möglichkeit, dass sich Dinge verbessern und dass wir die Fähigkeit haben etwas zu unternehmen um eine positive Veränderung
einzuleiten.
Schon für Kinder ist Hoffnung wichtig für ihre Entwicklung und ihr Wohlbefinden.
Man hat herausgefunden,
dass Kinder, die über mehr Hoffnung berichten, eher proaktives Verhalten zeigen, z.B. an außerschulischen Aktivitäten teilnehmen oder weniger risikoreiche Unternehmungen eingehen. Selbst die
schulischen Leistungen scheinen besser zu sein und ebenso das allgemeine Wohlbefinden. Da diese Effekte bekannt sind, wurden sogar Programme entwickelt um Hoffnung in Kindern zu fördern. In
einigen Ländern haben Schulen und Organisationen resilienzfördernde Programme eingeführt, die Kindern helfen Hoffnung und Entschlossenheit unter widrigen Umständen zu entwickeln. Auch hier lernen
Kinder Coping-Strategien und entwickeln ein Gefühl für Kontrolle über ihr Leben. Ich persönlich würde mir wünschen, dass diese Fähigkeiten noch viel mehr an unseren Schulen gelehrt würden.
In der Psychologie und Psychotherapie ist Hoffnung ein wichtiges Konzept.
Wie eingangs erwähnt, wünschen Menschen sich Personen, die ihnen Hoffnung vermitteln. Und das immer wieder, erst recht in einer langwierigen Behandlung. Man kann dies fördern durch gemeinsames
Erarbeiten realistischer Ziele, nicht nur um einen Sinn für Kontrolle über das eigene Leben zu entwickeln, sondern auch um Unterstützung und Ermutigung zu bieten. Es kommt da auch ein bisschen
auf die Persönlichkeit von Therapeuten an. Wird er/sie als hoffnungsvoll und unterstützend erlebt, kann dies auch Hoffnung in Patienten und Klienten fördern. Man hat sogar herausgefunden, dass
Menschen, die ihre Therapeuten als hoffnungsvoll erleben, mehr Verbesserungen in ihrer Symptomatik erleben als Menschen, die dies nicht tun. Hoffnungsvolle Therapeuten können oft positivere
therapeutische Beziehungen herstellen und eher einen sicheren und vertrauensvollen Rahmen bieten, in dem es leichter möglich ist Gedanken, Gefühle und Erfahrungen auszutauschen.
Gleichzeitig dürfen wir anerkennen, dass es manchmal auch Nachteile gibt zuviel Hoffnung zu entwickeln.
Wenn wir beispielsweise unrealistische Erwartungen haben, die zu Enttäuschung führen, wenn die Dinge sich nicht so entwickeln, wie wir sie erwarten. Übertriebene Hoffnung kann ebenso dazu führen,
dass wir gar nicht handeln oder uns nicht angemessen auf die Möglichkeit vorbereiten, dass Dinge sich anders entwickeln. Das kann besonders dann schwierig werden, wenn die Hoffnung sich darauf
gründet ohne Bemühung etwas zu erreichen oder wenn alternative Wege nicht in Betracht gezogen werden.
Es kann hilfreich sein sich realistische Ziele zu setzen und sich bewusst zu machen, dass Dinge manchmal anders laufen können als erwartet, während man gleichzeitig Hoffnung und Optimismus für die Zukunft behält.
Viele Autoren haben sich mit dem Thema Hoffnung auseinandergesetzt. Hier drei Beispiele zum Weiterlesen:
- Viktor Frankl war ein österreichischer Psychiater und KZ-Überlebender, der umfänglich über die Rolle von Hoffnung in der Bewältigung von schwierigen Umständen schrieb. Sein Buch "Über den Sinn des Lebens" beschreibt die Wichtigkeit Sinn und Bedeutung im Leben zu finden um mit Leiden und widrigen Bedingungen fertig zu werden.
- Paulo Coelho ist ein brasilianischer Autor und Romanschriftsteller, der über das Konzept Hoffnung in seinem Werk geschrieben hat. Sein Buch "Der Alchimist" erzählt die Geschichte eines jungen Hirten, der zu einer Reise aufbricht um seine persönliche Geschichte zu finden. Dabei erkundet der Autor die Rolle der Hoffnung und Entschlossenheit um Träume zu verwirklichen.
- Mark Manson widmet sich in seinem Buch "Everything is fucked: Ein Buch über Hoffnung" den Themen Freiheit und Hoffnung in der modernen
Gesellschaft.
Außerdem ein paar Filme als Anregung:
- "Das Streben nach Glück": Dieses biografische Drama erzählt die wahre Geschichte von Chris Gardner, einem sich abmühenden Verkäufer, der mit seinem jungen Sohn obdachlos wird. Trotz widriger Herausforderungen und Rückschläge behält er die Hoffnung und arbeitet daran seinem Leben eine Wendung zu geben. Schließlich stellt sich der Erfolg ein.
- "Die Verurteilten": Dieses klassische Drama erzählt die Geschichte
von zwei Gefängnisinsassen, die eine enge Freundschaft entwickeln und zusammenarbeiten um Hoffnung aufrecht zu erhalten unter den rauen Bedingungen im Gefängnis.
- "Alles steht Kopf": Dieser Zeichentrickfilm beleuchtet die Rolle von Hoffnung im Gefühlsleben eines jungen Mädchens, während sie sich durch die Herausforderungen und Veränderungen des Heranwachsens navigiert.
Enjoy!
Bild:
Joe auf Pixabay
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